04.11.2024 - Nachhaltigkeit managen

Erzwungene Chance zum Wettbewerbsvorteil?

Erstes Bild von Erzwungene Chance zum Wettbewerbsvorteil? Das Thema Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben – im Gegensatz zu Fach- und Führungskräften, die Hotelbetriebe aus verschiedenen Gründen immer wieder verlassen. Wichtig neben einer zum Hotel passenden Nachhaltigkeitsstrategie ist deshalb die Installation eines Management-Systems im Betrieb. Damit Maßnahmen nachweisbar und bezifferbar sind – und damit Fachwissen und Prozesse durch Personalabwanderung nicht komplett verloren gehen. Den kompletten Artikel finden Sie in unserem Print-Magazin TOP 250 Germany INSIDE, Ausgabe 2-2024 (Link unten).

Nachhaltigkeit ist ein Feld, das nun wirklich schon die allermeisten Hotels beackern. Wer sich noch überhaupt nicht mit seinem ökologischen Fußabdruck befassen wollte, der hat mit der Zukunftsfähigkeit seines Betriebs wohl einfach innerlich abgeschlossen. Und so vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht in Branchennewslettern darüber lesen, dass Hotel XY nun auch das GreenSign erlangt hat, sich zum Certified Green Hotel oder durch einen der vielen anderen Zertifizierer am Markt hat prüfen und auszeichnen lassen. Ist es nicht auch irgendwann mal gut und genug? Und weshalb machen wir das alles nochmals? Fürs Image? Für unsere Kunden? Für den Gesetzgeber?
Fakt ist: Das Thema Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben. Und es wird mit den Jahren immer noch wichtiger. Wer sich deshalb die Haare rauft, die Politik verflucht oder gar zu jammern beginnt, wie das alles zu schaffen und in die betrieblichen Prozesse zu integrieren sei, der verpasst den Change – und damit auch die Chance, die dieser mit sich bringt. Derjenige hat nicht verstanden, dass sich die ganze Welt (nicht zum ersten Mal) in einem Wandel befindet, den man als zukunftsgewandter Unternehmer annehmen und anpacken kann, um für sein Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Ein Vorteil, der nicht nur daher rührt, dass berichtspflichtige Lieferanten oder Kunden auf Nachweise pochen, sondern auch daher, dass sich vor allem, aber nicht nur, jüngere Generationen voll und ganz mit einer neuen, Ressourcen schonenden, in Richtung einer Kreislaufwirtschaft strebenden Welt identifizieren – Menschen, auf die Hoteliers angewiesen sind, als Gäste, aber insbesondere auch als Mitarbeiter.

Die Auswirkungen des European Green Deal
Die Europäische Union hat mit dem European Green Deal (EGD) im Jahr 2019 einen Aktionsplan vorgestellt, mit dem bis 2050 ein klimaneutrales Europa realisiert werden soll. Aufgrund der Komplexität des Maßnahmenpaketes betrifft dieses Ziel alle Branchen schon jetzt und nicht erst in ferner Zukunft. Im Herbst 2023 hat das GCB German Convention Bureau e. V. in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, zu denen auch die HSMA oder Michael Stober, Geschäftsführer des Landgut Stober, gehörten, ein Whitepaper zum EGD veröffentlicht, das speziell auf die Tagungshotellerie zugeschnitten ist. Darin beleuchten die Autoren die Implikationen des European Green Deals für die Tagungshotellerie und zeigen Immobilienentwicklern, Eigentümern und Betreibern die unternehmerischen Chancen auf. Der Fokus liegt auf Lösungsansätzen, Hilfestellungen und positiven Denkanstößen. Dabei wird herausgearbeitet, dass die EGD-Themenfelder Tagungshotels direkt betreffen – insbesondere beim energie- und ressourceneffizienten Gebäude- bzw. Geschäftsbetrieb, bei der nachhaltigen Beschaffung sowie der Mobilität: Banken sind angehalten, bei der Kreditvergabe nachhaltig aufgestellte Unternehmen bevorzugt zu behandeln und müssen dies in ihrem Reporting entsprechend belegen. Immobilienentwickler müssen energieeffiziente Gebäude bauen. Hotelbetreiber wiederum haben Kunden, die sich bei ihrer Veranstaltung für nachhaltige Anbieter entscheiden, weil sie in ihrem Nachhaltigkeitsreporting darüber berichten.
Bei allem Aufwand sei, so die Autoren weiter, das Momentum des EGD jedoch eine große Chance, sich zukunftsfähig aufzustellen. Denn Nachhaltigkeit bedeute im 21. Jahrhundert nichts anderes, als unternehmerisch zu denken, und nur nachhaltiges Wirtschaften werde langfristig Wettbewerbsfähigkeit garantieren. Mit einer konsequenten Nachhaltigkeitsstrategie, die alle Stakeholder von Kunden bis Mitarbeiter adressiert, könne die Umstellung auf ein ressourceneffizientes Wirtschaften gelingen. Dabei gebe es nicht den einen goldenen Weg. Jedes Hotel benötige individuelle Lösungen, die nur auf Basis einer Bestandsaufnahme entwickelt werden können.

Nachhaltigkeit als Pflicht und Chance
Einen Ratgeber, der dabei unterstützt, eine solche Bestandsaufnahme vorzunehmen und die angesprochenen individuellen Lösungen zu entwickeln, hat die degefest, der Fachverband für die Kongress- und Seminarwirtschaft, im Rahmen der degefest- Fachtage 2023 veröffentlicht. Im Juli 2024 wird eine überarbeitete, aktualisierte Ausgabe erscheinen. Entstanden ist ein Fachbuch, das Informationen zu den drängenden Nachhaltigkeitsthemen für Veranstaltungsstätten bietet. Die Autoren Gerhard Hötger, degefest-Tagungsstättenprüfer, und Jörn Raith, Vorsitzender des degefest, beide langjährige Geschäftsführer von Tagungs- und Veranstaltungszentren, haben dazu Fachwissen zusammengetragen und die aktuellen Anforderungen an ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement- System beschrieben.
„In unserem Ratgeber sprechen wir uns für den Aufbau eines Nachhaltigkeits-Management-Systems aus. Nicht vorrangig, weil es von den Tagungsstätten gesetzlich verlangt wird, sondern weil Vertragspartner – staatliche wie private – ihre Berichtspflicht an sie weitergeben“, betont Gerhard Hötger, und ergänzt: „Um diese Anforderungen erfüllen zu können, hilft es, ein Nachhaltigkeitsmanagement rechtzeitig und systematisch aufzubauen, auf das dann jederzeit verwiesen werden kann.“ Jörn Raith führt weiter aus: „Das vorrangige Ziel dabei ist nicht eine Zertifizierung, sondern dass Sie alle Anforderungen und Informationen, die von Ihnen erwartet werden, kennen und dass sie diese jederzeit in Ihrem Haus abrufen und nachweisen können. Systematisch aufgebaut, ist es dann ein überschaubarer Aufwand, der aber anschließend viel Zeit und Aufwand spart.“
Wenn sich nun der ein oder andere fragt, wie viele Firmen diese Berichtspflicht betrifft – und ob diese Kunden wirklich für das eigene Tagungsgeschäft relevant sind, geben Hötger und Raith die Antwort: „Derzeit sind es in Deutschland circa 500 Unternehmen, die verpflichtet sind, einen nicht-finanziellen Unternehmensbericht zu erstellen. Mit in Krafttreten der Corporate Sustainable Reporting Directive werden dies allein in Deutschland ab dem Jahr 2025 etwa 15.000 Unternehmen sein.“ Hinzu komme noch eine Vielzahl von sogenannten „Öffentlichen Unternehmen“, die entweder aufgrund einer „Selbstverpflichtung“ oder einer gesetzlichen Regelung diese Richtlinie anwenden müssen; das heißt, die Mehrzahl der circa 18.500 öffentlichen Unternehmen werden von dieser Regelung betroffen sein. Jörn Raith stellt klar: „In der Regel sind nicht die Hotels und Tagungsstätten selbst berichtspflichtig – es sei denn, diese sind Teil eines berichtspflichtigen Unternehmensverbundes und die betroffenen o.a. Unternehmen damit in großen Teilen unsere Kunden. Diese werden aber Anforderungen auch Ihren Vertragspartnern und Dienstleistern übertragen, damit sie ihre Berichtspflicht erfüllen können.“ Heute tragen viele Hotels bereits mit zahlreichen Einzelmaßnahmen ihren Teil zum Klimaschutz bei, jedoch sind diese oft unkoordiniert, zumindest können sie auf Nachfrage nicht beziffert werden. Mithilfe eines Nachhaltigkeitsmanagement- Systems ließen sich nicht nur anpassungsgerechte Umsetzungen an betriebsspezifische Besonderheiten realisieren und Freiraum für eine individuelle Themen-Priorisierung nach dem Wesentlichkeitsprinzip schaffen, sondern auch jederzeit und unkompliziert Nachweise für berichtspflichtige Vertragspartner generieren.
Und was bedeutet dies nun für die Öko-Zertifizierungen, mit denen sich viele (Tagungs-)Hotels in den letzten Jahren bekleidet haben? Werden diese von berichtspflichtigen Firmen als Nachweis akzeptiert? Und weiterhin von stattlichen Behörden anerkannt? „Das ist eine Frage, die wir nicht wirklich beantworten können“, gesteht Nachhaltigkeitsexperte Hötger. „Das hängt insbesondere davon ab, ob diese Zertifizierungen den künftigen gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Der Gesetzgeber wird da eindeutig sein. Und dabei geht es nicht nur um nationales, sondern um EU-Recht.“ Jörn Raith ergänzt: „Wer in seinem Nachhaltigkeitsbericht die künftigen Anforderungen erfüllt, wird weit vorne sein. Und dabei ist es egal, ob ich berichtspflichtig oder nicht berichtspflichtig bin. Unsere Kunden werden gesetzeskonforme Berichte einfordern, sofern diese berichtspflichtig sind.“ Die bestehenden Siegel und Zertifizierungen, sind sich die beiden Autoren einig, würden damit natürlich nicht ihren besonderen Wert verlieren: „Wer seine Energieverbräuche kennt, wer seinen CO2-Fußabdruck nachweisbar beziffern kann und schon heute große Schritte in Richtung zu mehr Nachhaltigkeit geht, hilft zu mehr Umweltschutz.“

Ein Management-System speziell für die Hotellerie
Ein ganzheitliches Klimamanagement-System speziell für die Hotellerie, darüber hinaus noch als „Rundum-Sorglos-Paket“ mit individueller Betreuung, bietet neu seit 2024 der renommierte Zertifizierer „TourCert“ an. Die 2009 gegründete gemeinnützige Organisation für Zertifizierungen im Tourismus hat es sich zur Aufgabe gemacht, ökologische, soziale und ökonomische Unternehmensverantwortung im Tourismus zu fördern. TourCert berät und begleitet Reiseveranstalter, Hotels, Destinationen und andere Tourismusunternehmen bei der Umsetzung eines konsequent nachhaltigen Wirtschaftens und qualifiziert dahingehend Interessenten und Teilnehmer mit Seminaren und Online-Trainings. Mit dem Produkt „Klimamanagement by TourCert“ wurde pünktlich mit dem GEG-Gesetz ein Angebot geschaffen, das mehr als begrenzte Treibhausgas- Bilanzen und allgemeine Reduktions-Tipps ausgibt. Vielmehr stellt es Hotels ein umfassendes Tool zur Verfügung, um den eigenen Status Quo zu analysieren, selbständig die Effizienz von Maßnahmen zu eruieren und einen individuellen, vom ganzen Team mitgetragenen Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit im Betrieb zu implementieren.
„Nachhaltigkeit wurde ja lange als muffiges Öko-Thema wahrgenommen und zog in unsere Branche sehr deutlich über die Marketingschiene ein, wird auch weitgehend noch dafür genutzt. Doch in Wahrheit ist es weder Marketing- noch Modethema oder eine Lifestyle-Option. Nachhaltigkeit ist System Change“, attestiert Nachhaltigkeitscoach Stephanie Schießl, die das TourCert-Produkt als Business Development Managerin entwickelt und die Pilotreihe durchgeführt hat. „Wir erleben die Transformation, den Paradigmenwechsel und wollen es, um es zu begreifen, gern in eine Schublade stecken. Doch das Thema ist viel größer als wir es uns ausmalen können und weit mehr als nur Marketing. Der Kapitalismus, der Fokus auf stetiges Wachstum reguliert sich gerade selbst und führt uns hoffentlich zügig zu einer Kreislaufwirtschaft.“ Dies bringe es auch für Tagungshotels mit sich, den Wandel hin zu immer mehr Nachhaltigkeit nicht als ein Ziel, sondern als einen fortwährenden Prozess zu begreifen: „Sicher müssen wir zum Einstieg niederschwellig beginnen und die Menschen dort abholen, wo sie sind – mit Storytelling und konkreten Maßnahmen. Doch aus der Adlerperspektive ist es kein Abteilungsthema, sondern eine Systemumstellung, weshalb es eben der Einführung eines Managementsystems bedarf.“
„Klimamanagement by Tour Cert“ ist ein 2024 neu auf den Markt gekommenes Produkt, in dem sich über 20 Jahre Erfahrung aus dem Beratungs- und Zertifizierungsgeschäft sowie Branchenkenntnis vereinen. „Wir möchten die Branche nicht länger hilflos mit dem Thema sehen oder uns die Klagen der Einzelkämpfer anhören, meist die Marketingmanagerin oder die Assistentin der Geschäftsführung, die eigentlich für sowas weder Kompetenz noch Zeit hat und nun Nachhaltigkeit mitmachen soll für zwei Stunden pro Quartal“, bekundet Schießl und verspricht, „Wir möchten auch Spaß in ein trockenes und abstraktes Thema bringen. Wir möchten die Zusammenhänge klar machen, damit Verständnis und Akzeptanz entsteht.“ Vorausgesetzt sei die Bereitstellung von Kapazitäten: Sechs bis acht Monate für die einmalige Einführung, die Nettoarbeitszeit belaufe sich für den Betrieb auf 20 bis 30 Stunden. „Also unter einer Woche im Jahr, um ein Klima der Veränderung zu schaffen“, verdeutlicht Schießl und fährt fort: „Früher haben Betriebe auch ohne Revenue-Abteilung, ohne Salesmanager gearbeitet. Heute ist das Alltag. So wie man einen Brand schutzbeauftragten hat, hat man eben auch einen Klimabeauftragten. Und so wie man einen Channel Manager als Tool hat, hat man ein Klimamanagementsystem und erreicht neben seinen Umsatzzielen nun auch ökologische, die übrigens oftmals auch eine Verbesserung der Qualität mitbringen und so Potenzial für einen höheren RevPar bedeuten.“

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